Donnerstag, 26. August 2010
Adam und Lisa
Hat Ihnen schon mal jemand erzählt, er würde von einem anderen Planeten kommen und sei nur für einen Testdurchlauf auf der Erde? Wahrscheinlich nicht. Und wenn ja, hätten Sie ihn mit Sicherheit für verrückt erklärt, oder?

Der 14-jährige Adam kommt in die Biologieklasse von Lisa und ihrer Freundin Kim. Er stottert, seine Klamotten fallen auseinander und er hält sein Biologiebuch die ganze Zeit verkehrt herum und schreibt trotzdem gute Noten. Adam ist das, was man einen verdrehten Typen nennt. Keiner will etwas mit ihm zu tun haben, keiner bis auf Lisa. Lisa, die Tochter aus gutem Hause mag Adam und freundet sich mit ihm an. Aus Freundschaft wird schnell mehr und alles könnte so schön sein, wenn da nicht unübersehbare Probleme wären:

Adam behauptet steif und fest, er würde vom Planeten Wega X kommen und seine Familie wäre gar nicht seine echte Familie. Adams Familie ist bitter arm, Lisa dagegen muss sich um Geld keine Gedanken machen. Adam lebt in einem Haus ohne Fußboden und Klo, Lisas Zuhause hat vier Badezimmer. Adam wurde von seinem Vater mit einer Kette misshandelt, Lisas Mutter ertränkt ihre Probleme gerne mit einem Glas Martini. Von Adam hält sie gar nichts und auch Kim ist anfangs nicht sehr begeistert von dem neuen Freund ihrer besten Freundin.

Myron Levoy beschreibt in seinem Jugendbuch „Adam und Lisa“ einfühlsam das Erwachsenwerden zweier Jugendlicher, die in ganz unterschiedlichen Verhältnissen aufwachsen und die doch zueinander finden. Aber wird es Lisa schaffen, dass sich Adam mit der bitteren Realität auseinandersetzt? Wird es ihr gelingen, ihn zu einem echten Erdenbewohner zu machen? Ein tolles Jugendbuch, welches auch mich als Erwachsene fasziniert hat. Für alle, die nicht wissen, was sie Teenagern zum Geburtstag schenken sollen.

Eure Hilde Wolf



Dienstag, 10. August 2010
Sonnentochter
Ember ist fünf Jahre alt und kann ein Tausend-Teile-Puzzel in kürzester Zeit zusammensetzen, aber richtig sprechen kann sie nicht. Sie ist schneller und stärker als alle anderen Kinder, aber sie unterscheidet sich äußerlich stark von ihren Altersgenossen. Welches Geheimnis trägt Ember in sich?

Ihre Mutter Chena ließ sich als Teenager für Geld von dem anerkannten Wissenschaftler Dr. Yute Nahadeh einen Embryo einsetzen. Entgegen der Abmachung kann sich Chena nach der Geburt nicht von „ihrem“ Baby trennen und zieht Ember als ihre Tochter groß. Doch irgendwann wird Embers Verlangen um das Wissen ihrer Herkunft übermächtig.

Der Leser von Mark Canters „Sonnentochter“ wird auf eine unglaubliche Reise in die Welt der Arktis, der modernen Wissenschaften und schließlich zu den Anfängen der Menschheit geschickt. Wie weit kann und darf die Wissenschaft gehen?

Bei Sonnentochter handelt es sich um keine hochtrabende Literatur und manches Mal musste ich den Kopf schütteln über so viel, na, ja nennen wir es mal Fantasie. Dennoch fand ich das Buch sehr spannend. Fazit: Eine gute Mischung aus Realität und Fantasie, die sich zum „mal ebenso in den Ferien weglesen“ bestens eignet.

Viel Spaß beim Schmökern wünscht Euch
Eure Hilde Wolf



Freitag, 6. August 2010
Weisser Oleander
…„Was ist mit ihr passiert?“, fragte er. „Sie hat ihren Freund getötet“, sagte ich, während ich ihr Foto betrachtete, ihr Profil ein Speer zwischen meinen Rippen, der mir die Leber durchstach, den rechten Lungenflügel. Eine Träne löste sich aus meinen Wimpern und fiel auf ihr Bild. Ich wischte sie ab. „Sie ist im Gefängnis.“…(Zitat)

Und genau aus diesem Grund wohnt die 12-jähige Astrid bei der Alkoholikerin Starr, die neben Astrid noch andere Pflegekinder von der Fürsorge vermittelt bekommen hat. Doch Starr hat ihre Sucht irgendwann nicht mehr im Griff und Astrid, das Kind einer überaus exzentrischen Mutter sucht Halt bei Starrs Freund Ray. Starr wird zusehends eifersüchtig auf ihre Pflegetochter und eines Tages gerät die Situation außer Kontrolle.

Erschreckend endet diese erste Station in Astrids neuem Leben, und viele weitere folgen. Jedes Mal aufs Neue muss Astrid versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen und irgendwie mit den immer neuen Umständen zurechtzukommen. Dabei versucht sie, um sich selbst zu schützen, niemanden an sich heranzulassen. Doch dann kommt Astrid zu Claire und zum ersten Mal erfährt sie echte Fürsorge und ein vermeintlich behütetes Zuhause. Wird sie ihr Glück festhalten können?

„Weisser Oleander“ von Janet Fitch ist die bewegende und an manchen Stellen erschreckende Geschichte eines hochintelligenten und sensiblen Mädchens, das unter den schwierigsten Bedingungen versuchen muss, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln, um herauszufinden, was sie wirklich vom Leben will.

P.S.: Die gleichnamige Verfilmung mit Reneé Zellweger und Michelle Pfeiffer ist nur halb so gut wie der Roman.

Eure Hilde Wolf



Dienstag, 3. August 2010
Stürmische Zeiten
Wie ist es, zu einer Generation zu gehören, die den Untergang des Kaiserreichs, zwei Weltkriege und den Bau der Mauer miterlebt hat? Ich persönlich kann mir das ehrlich gesagt kaum vorstellen. Und doch habe ich seit kurzen eine leise Ahnung davon. Denn in Charlotte Links „Sturmzeit-Trilogie“ erblickt Felicia Degnelly 1896 in Ostpreußen das Licht der Welt. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr lebt sie friedlich in Berlin und verbringt sämtliche Ferien mit ihrer großen und alteingesessenen Familie auf deren Gut Lulinn in Ostpreußen. Doch dann werden der österreichisch-ungarische Thronfolger und seine Frau ermordet und nichts ist mehr wie es war. Das erste Buch von Charlotte Links Trilogie „Sturmzeit“ beginnt mit dem Attentat von Sarajevo und schildert im Folgenden wie die junge Felicia sich von einem verwöhnten Mädchen in eine realistische junge Frau entwickelt. Sie flüchtet sich in eine Ehe, weil sie ihre große Liebe nicht bekommen kann und das Leben plötzlich reichlich unbequem zu werden droht. Durch ihre störrische und manchmal etwas selbstherrliche Art landet Felicia am Ende als Krankenschwester in einem Feldlazarett. Sie, die verwöhnte Tochter aus gutem Hause muss nicht nur zahlreiche Verwundete pflegen sondern auch noch mit ansehen, wie Ihr eigener Vater erschossen wird. Später gerät sie zudem in Gefangenschaft und mitten in die Wirren der russischen Revolution.

Charlotte Link versteht es, neben einer Liebesgeschichte auch das Leben in und nach dem Ersten Weltkrieg anschaulich darzustellen. Im zweiten Band „Wilde Lupinen“ kommt Felicias Tochter Belle als weitere Hauptfigur hinzu. Ganz die Tochter ihrer Mutter bringt auch sie sich immer wieder in ungewollte und heikle Situationen. Während Felicia versucht, ihre Trauer um ihre im ersten Weltkrieg verstorbenen Angehörigen mit Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit zu verdrängen, lässt sich Belle auf eine Affäre ein, die ihr Leben für immer verändern wird. Ihre Schwester Susanne hingegen zieht es aufgrund mangelnder Liebe seitens ihrer Mutter immer weiter auf die Seite der Nazis, die im Zuge des Zweiten Weltkrieges Deutschland und damit auch Felicias Familie ins Chaos stürzen.

Sowohl Felicia als auch Susanne und Belle überleben den Krieg, doch ihre Herzen scheinen, wie die der meisten, gebrochen. Dennoch leben sie ihr Leben irgendwie weiter. Belle hauptsächlich in den USA, von wo aus Ihre Kinder Alexandra und Chris sich Ende der 70er Jahre aufmachen, um in Deutschland, dem Land ihrer Vorfahren ihr Glück zu versuchen. Dabei ist es immer noch Felicia, die die Fäden der Familie dort in der Hand hält. Von ihr, so scheint es, hat Alexandra ihren Geschäftssinn geerbt. So tritt sie, nicht ganz freiwillig, das riesige Erbe der Großmutter an. Wird sie es halten können?

Im dritten und letzten Band der Trilogie „Die Stunde der Erben“ spinnt Charlotte Link die Familiengeschichte der Degnellys weiter. Von den USA über Tel Aviv, Berlin und München, bis hin zum kleinen Dorf Bernowitz in der DDR reichen die Schauplätze, an denen sich die großen und kleinen Ereignisse der Familie abspielen. Charlotte Link schafft es, dass der Leser mitfiebert, sich mit den Figuren freut und mit ihnen leidet. Einmal angefangen, konnte ich keines der Bücher mehr aus der Hand legen. Das beste, um an lauen Sommerabenden auf dem Balkon im Kerzenschein zu schmökern.

Und noch etwas: bis zum Schluss konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich Felicia nun leiden kann oder nicht.

Eure Hilde Wolf



Freitag, 9. Juli 2010
Kuschelig
Wer an Rosamunde Pilcher denkt, hat wahrscheinlich diverse TV- Schmonzetten im Kopf, bei denen höchstens die Landschaft im Hintergrund sehenswert ist.
Doch einige Romane der in Cornwall geborenen Schriftstellerin haben mehr zu bieten als ein zuckersüßes Beziehungsdrama.
So eignet sich zum Beispiel ihr Werk „Wintersonne“ hervorragend dazu, es sich bei nasskaltem Schmuddelwetter mit einer Tasse (englischem) Tee auf dem Sofa gemütlich zu machen und zu schmökern.
Denn auch in Hampshire ist es kalt und winterlich als die etwas exzentrische Elfrida Phipps aus dem Urlaub zurückkommt. Bei ihrer Heimkehr muss sie erfahren, dass ihre Freundin Gloria samt elfjähriger Tochter bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Übrig geblieben ist nur Oscar, der den Tod von Frau und Kind nicht zu verkraften scheint.
Kurzerhand verfrachtet Elfrida Oscar deshalb nach Schottland. Die beiden wohnen dort in einem alten ererbten Haus in Mitten einer idyllischen Kleinstadt. Und während Weihnachten immer näher rückt, gewährt das Haus weiteren Personen Unterschlupf: so zum Beispiel der jungen Carry, die sich gerade von einer Trennung erholt. Sam, der urplötzlich vor der Tür steht und im wahrsten Sinne des Wortes eingeschneit ist. Und zu guter Letzt der kleinen Lucy, die scheinbar niemand haben will.
Während Pilcher langsam die Schicksale der einzelnen Personen miteinander verknüpft, möchte man am Liebsten selbst in Schottland sein, vor dem Kaminfeuer sitzen, verwundete Seelen trösten und hoffen, dass es trotz Allem noch ein richtiges Weihnachtsfest wird!

Eure Hilde Wolf